Afghanistan / Vereinigte Staaten


Am 20. März ließ der amerikanische Pastor Terry Jones vor einer kleinen Gruppe von zwanzig bis dreißig Anhängern in einer Kirche in Gainesville, Florida, einen Koran, die Heilige Schrift des Islam, durch den befreundeten Pastor Wayne Sapp verbrennen. Ursprünglich hatte er sein Vorhaben schon an dem Symboldatum des 11. September vorigen Jahres ausführen wollen, sich dann jedoch durch die eindringlichen Worte des amerikanischen Präsidenten davon abhalten lassen.

Die Medien ignorierten die Tat des Pastors, strafrechtliche Folgen brauchte er in den USA für seinen Akt nicht zu befürchten. Dass er die Muslime seines Landes dadurch bewusst kränkte, war ihm klar, kümmerte ihn aber nicht. Weiter reichte sein Horizont auch nicht. Über diplomatische Kanäle erreichte die Nachricht den afghanischen Präsidenten Hamid Karsai, der die Aktion des christlichen Fundamentalisten in seinem Land ausposaunte und anprangerte. In Masar-i-Scharif, wo auch 30 Soldaten der Bundeswehr stationiert sind, griff eine fanatisierte muslimische Menge das Regionalbüro der Vereinten Nationen an und tötete acht Ausländer, darunter drei nepalesische Wachmänner. In der Folge kam es zu weiteren Lynchakten in Kandahar, bei denen weitere zwölf Menschen umgebracht wurden.

Der amerikanische Präsident hatte ein halbes Jahr zuvor vor den schädlichen Folgen der von Terry Jones geplanten Tat abgeraten, weil sie die Sicherheit der US-Truppen in muslimischen Ländern gefährde. Tatsächlich trifft die Wut des fanatisierten Mobs jedoch in der Regel Schwache, Unbewaffnete, von denen Christen in Ländern mit zu 99 Prozent muslimischer Bevölkerung die hilflosesten Opfer sind. 

Dem törichten  Pastor im sicheren Florida ist dies gleichgültig. Er mag sich bestätigt fühlen in seinem Urteil über den Koran, den er des Aufrufs zum Terrorismus für schuldig befunden hatte.

Übrigens: Am 8. Februar verbrannten iranische Revolutionsgarden öffentlich 800 Bibeln in der Landessprache Farsi, die im Iran verboten sind. Darüber regte sich in der christlichen Welt niemand auf, die Medien hatten es nicht für berichtenswert gehalten.

Ulrich Meisser





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