Palästinensischer Bischof Präsident des Lutherischen Weltbundes


Zum zweiten Mal in seiner Geschichte nach 1952 hielt der Lutherische Weltbund, ein Zusammenschluss von weltweit 70 Millionen Christen, seine Vollversammlung in Deutschland ab. Bei der Tagung vom 20. bis 27. Juli dieses Jahres wurde jedoch kein Deutscher zum Nachfolger des bisherigen Präsidenten, eines Amerikaners, gewählt, sondern der am 18. September sechzig Jahre alt gewordene, 1950 in Ostjerusalem als Sohn einer palä stinensischen Flüchtlingsfamilie aus Beerscheba geborene Vater von drei Kindern, Munib A. Junan.

Am 5. Januar 1998 wurde er in der noch unter Kaiser Wilhelm II. erbauten, ursprünglich deutschen, Erlöserkirche in Jerusalem zum dritten palästinensischen Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land ordiniert. 

Bereits seit längerem ist er führend in mehreren Dialog-Initiativen der drei monotheistischen Religionen in Palästina beteiligt, engagiert im Friedensdialog zwischen Palästinensern und Israelis. Jerusalem, seine Stadt, stellt er sich nach einem Frieden zwischen Israel und Palästina als mit einem besonderen Status ausgestattet vor, der Juden, Christen und Muslimen Anteil an ihr gibt. In einem endgültigen Friedenszustand sollten ein  palästinensischer Staat und Israel in regionaler Kooperation nebeneinander bestehen, vergleichbar dem Vorbild der Staaten in der Europäischen Union.

Die seit 1967 anhaltende Besatzung des Westjordanlandes mit der für ihre Bewohner verbundenen Drangsalierung und Bevormundung hat er in dem Kairos-Palästina-Dokument zusammen mit hohen Geistlichen anderer christlicher Konfessionen „eine Sünde vor Gott“ genannt. Die Christen des Heiligen Landes, nur mehr eine „verschwindende Minderheit“ ruft er zum Bleiben in ihrer Heimat auf: „Was wäre das Heilige Land ohne Christen?“ fragt er. 

Die Wahl Munib A. Junans zum Präsidenten  des Lutherischen Weltbundes ist, so gesehen, auch eine Ermutigung der von aggressiven Siedlern einerseits und muslimischen Kämpfern andererseits  hart bedrängen christlichen Minderheit. Die Kirche, der Bischof Junan vorsteht, ist nicht ganz so groß wie die Dillinger Evangelische Kirchengemeinde. Sie zählt gerade einmal dreitausend Seelen. 

Ulrich Meisser








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